Heute geht es um Wahlkampf in einer Gesellschaft der Ungleichen, in der 14 Millionen Nachbarinnen, Kollegen und andere zwar ständig Thema sind, aber nicht mitentscheiden dürfen. Außerdem um die Versuche der Grünen, im Endspurt ihr Linkspartei-Problem loszuwerden. Und um ein paar Annäherungen an die Frage, was die jungen Leute eigentlich bewegt, jetzt der Linken zuzuneigen.
I.
Über die haarsträubenden Folgen, die ein Wahlkampf nach sich zieht, der zur »Mutter aller Probleme« etwas aufruft, was mit den allermeisten realen Schwierigkeiten, Unwuchten und Lösungsblockaden gar nichts zu tun hat, ist viel gesprochen worden: etwa über die Normalisierung rechtsradikaler Positionen oder die Entnennung sozialer und ökonomischer Fragen im Wahlkampf.
Auch die tatsächliche, von den Wutbewirtschaftern wissend in Kauf genommene Gefährdung von Menschen gehört dazu. Denn dass der Mob Anlässe ergreift, die mit dem Persilschein veredelt sind, »die Politiker« sprächen doch auch so, ist nicht erst seit den 1990er Jahren zu trauriger Bekanntheit gelangt.
Eine Dimension der Kritik am »Anti-Migrations-Wahlkampf« läuft allerdings ein bisschen unterhalb des Radars auch der Kritik. Geredet (und gehetzt) wird nämlich in einer strukturellen Gesellschaft der Ungleichen. Im Wahlkampf dreht sich viel darum, jenen Teil der Bevölkerung, die Wahlrecht hat, gegen jenen Teil der Bevölkerung in Stellung zu bringen, die von der Mitbestimmung der allgemeinen Sachen ausgeschlossen bleiben.
Nun mag sich diese Konkurrenz der Niedertracht oft um Asylsuchende drehen, sich in »Take back control«-Halluzinationen ergehen, die daraus hinauslaufen, sich in einem streng abgezäunten Gebiet vor der Wirklichkeit zu schützen, vor Veränderung, vor der Rückkehr der zwecks eigenem Wohlstand jahrzehntelang ausgelagerten Probleme und so weiter. Aber es ist ja auch keineswegs eine Einbildung, wenn Menschen, die schon einen anderen Aufenthaltsstatus haben oder mit Migrationshintergrund hier Geborene sich »mitgemeint« fühlen – sozusagen als die von Parteien markierten »Kinder der Mutter aller Probleme«.
Demokratiepolitisch rührt die Ungleichheit an Grundfesten. Es geht hier um eine Kernidee von Gesellschaften, um ihr Verhältnis zu sich selbst, zu allen ihren Gliedern. Nicht alle Menschen, die hier wohnen, arbeiten, Steuern entrichten, können sich an den grundlegenden Entscheidungen über die Entwicklungsrichtung des Gemeinwesens beteiligen.
Horst Kahrs hat hier eine umfangreiche Sammlung an Daten vorgelegt und die mindeste Frage formuliert, die dem Problem angemessen ist: »Kann eine demokratische Gesellschaft, die den Anspruch vertritt, dass alle sozialen Gruppen und Schichten politisch repräsentiert sein können, und die Demokratie als Lebensweise postuliert, es sich leisten, Millionen von Nachbarn und Kolleginnen, die an der Schaffung des Wohlstandes beteiligt sind, von der politischen Teilhabe (dauerhaft) auszuschließen?« Wir nehmen nicht erst in diesem Wahlkampf bitter zur Kenntnis: sie kann. Um zu sagen: sie sollte nicht.
Mit Stand der damals verfügbaren Statistiken, die aus der Zeit vor der Fluchtbewegung stammen, die der zweiten russischen Aggression gegen die Ukraine folgte, lebten in der Bundesrepublik etwa elf Millionen Menschen ohne deutschen Pass, jede und jeder siebente Einwohner, davon zwei Drittel sechs Jahre und länger.
Nur mal zum Vergleich: Wir diskutieren ja gern und oft darüber, dass zum Beispiel der Anteil der Über-60-Jährigen unter den Wahlberechtigten sehr groß ist, und was das für die Abbildung der Interessen Jüngerer in politischen Entscheidungen bedeutet. Die Zahl der Wählerinnen und Mitgemeinten zwischen 18 und 30 Jahren liegt bei knapp acht Millionen. Die der potenzielle Erstwählerinnen bei 2,3 Millionen.
Heute bringt der epd eine Korrespondenz, laut der rund 14,1 Millionen Ausländer in Deutschland nicht wählen dürfen. In Osnabrück hat ein Verein eine symbolische Bundestagswahl für Geflüchtete organisiert. Obwohl »Migration« so ein beherrschendes Thema ist, meint auch Lara Benteler vom Verein Exil, haben Geflüchtete und Migranten »nicht die Chance zu sagen, wie sie zu diesem Diskurs stehen«. Kai Weber vom regionalen Flüchtlingsrat weist darauf hin, was dieser Diskurs auslöst: Viele Geflüchtete würden derzeit in Angst lebten, abgeschoben zu werden oder ihre Familie nicht nach Deutschland holen zu können. »Selbst einige langjährige Mitarbeitende des Flüchtlingsrates fühlen sich hier unerwünscht.«
Bei der Wahl in Osnabrück hat dann die SPD gewonnen: fast 47 Prozent. Grüne und CDU kamen etwa 13, die Linke auf über 8 Prozent. Alejandra Bedoya, die als erste ihre Stimme abgab: »Ich möchte nicht mehr Mittelpunkt der Diskussionen sein, sondern selbst mitbestimmen.«
II.
Der SPD-Kandidat Olaf Scholz will »nicht mit Linke oder BSW koalieren«, meldet die dpa im Wust an Berichten über die nicht enden wollende Serie an Fernsehdebatten vor der Wahl. »Das ist kein Plan, den irgendjemand von uns hat und deshalb braucht man sich da auch keine Sorgen machen.« Hat sich denn jemand Sorgen gemacht? Ja, das ist so, die Frage wird in den so genannten Sozialen Netzwerken diskutiert. Meist geht es dann darum, ob die außen- und sicherheitspolitischen Vorstellungen der Linken mit den sich gravierend verändernden aktuellen Anforderungen Schritt halten können. Dazu später noch einmal mehr.
»Zu dieser Bundestagswahl geht es für uns Linke nicht um irgendwelche Konstellationen, an denen wir beteiligt sind oder sein wollen. Unser Slogan ist eindeutig und klar: Alle wollen regieren, wir wollen verändern«, sagt nun Bodo Ramelow. »Uns geht es um Themen, und die sind wir gewillt, in den Bundestag einzubringen. Wenn es dann mit anderen gelingt, zu guten Lösungen zu kommen, dann stimmen wir auch gerne zu.«
Jan van Aken hatte dieser Tage schon eine Erläuterung zum Slogan vom Verändern beigesteuert: »Also, das heißt ja nicht, dass wir nicht regieren wollen.« Es komme eben darauf an, was man erreichen könne und was nicht. »Wenn’s zahlenmäßig reicht, dann führen wir die Gespräche.« Und in denen dürfe man dann »auch nicht den Fehler machen zu sagen, wir haben nur 90 Prozent durchgesetzt, wenn die letzten 10 Prozent nicht kommen, regieren wir nicht mit«.
Nun kann man mit Blick auf die Umfragen sagen, das ist jetzt gar nicht die drängendste Frage, vielleicht ist es überhaupt gar keine. Dafür sind SPD und Grüne einfach zu schlecht. Was ja Gründe haben wird, die wiederum auf die nur hypothetische Debatte darüber, wer mit wem nach der Wahl eine gestaltende Mehrheit finden könnte, Auswirkungen hat. Mit Blick auf die angebliche »Mutter aller Probleme« haben sich Sozialdemokraten und Grüne zum Beispiel hinreichend über ihre Vorstellungen geäußert. Von einer Forderung, etwa dass alle Wahlrecht haben sollten, die hier leben, arbeiten und Steuern zahlen, war da nicht so viel zu hören. Umso mehr aber von Sprüchen, die den Eindruck hinterließen, da wolle jemand den Anschluss an allgemeine Stimmungen nicht verlieren oder es gehe um das Offenhalten von Türen der Kooperation, die andere längst zugeschlossen haben.
In Wahrheit dreht sich die »Wer mit wem«-Debatte, sofern sie von SPD und Grünen nun auf den letzten Metern herausgeholt wird, aber wohl um etwas anderes: Der in den Umfragen aktuell prognostizierte relative Erfolg der Linkspartei könnte indirekt Auswirkungen auf die Kooperationsvarianten von SPD und Grünen haben. Je nach dem wie viele der »kleineren Parteien« in den Bundestag einziehen, »reicht es nicht mehr für Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün«, wird hier jemand zitiert, die ausspricht, was auch die Parteistrategen umtreibt.
Die gucken ja auch auf die Umfragen, die nun sehr häufig kommen und selbst wiederum ihre Wirkung haben, die man in den nächsten Umfragen dann beobachten kann, unabhängig davon, dass selbst man ihre Aussagekraft immer skeptisch sehen muss. Beim Informationsdienst table erinnert Thorsten Faas daran, dass Umfragedaten umso mehr mit näher rückendem Wahltag auch wahrgenommen werden. »Zahlen der Deutschen Wahlstudie (GLES) zur Wahl 2021 zeigen, dass sich der Anteil der Wahrnehmungen von Umfragen im Laufe des Wahlkampfs von rund 40 auf rund 80 Prozent verdoppelt hat.«
»Grüne entdecken Gefahr von Links«, berichtet die TAZ über die zunehmenden Bemühungen der Partei, auf den Aufstieg der Linkspartei zu reagieren: »Mit Anzeigen-Kampagne warnen sie vor verlorenen Stimmen und sinkenden Verteidigungsausgaben.« Schon vor ein paar Tagen hatte Winfried Kretschmann versucht, den Hype um die Linke kleinzureden: Dass deren Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek mit ihrer Bundestagsrede »Auf die Barrikaden« reüssiere, sieht der Grüne als Hinweis darauf, dass sich die »Erlebnisgesellschaft« in die Politik vorgearbeitet habe. In der dpa folgt dann der Satz: Die Grünen hätten keinerlei Nachwuchsprobleme.
Das kann schon sein, aber warum muss man dann im Walde so laut pfeifen? Und teure Clips ins Internet kippen, in denen die Außenministerin verlauten lässt, »eine Partei zu wählen, die von vornherein ausschließt zu regieren, drückt sich vor der Verantwortung, in schwierigen Situationen das Richtige zu tun«. Aus Parteikreisen heiße es, »einen Wiedereinzug der Linken in den Bundestag fände man bei den Grünen gut. In der eigenen Kommunikation wolle man jetzt aber klar machen, dass es zur Umsetzung progressiver Ziele eine progressive Kraft mit Machtoption brauche.«
Die Grünen haben in ihrer Kampagne auch andere Kleinparteien, Volt zum Beispiel, aber auch die SPD direkt adressiert. Die Linkspartei wiederum kritisiert die Kampagne der Grünen, es sei klar, »dass bei der Wahl jede Partei zuerst für das eigene Programm wirbt. Aber: In einer Zeit, in der eine schwarz-blaue Mehrheit droht, sollten Parteien links der CDU nicht gegeneinander Wahlkampf machen«, wird der linke Bundesgeschäftsführer Janis Ehling zitiert. Ja, das kann man so sehen, aber man kann auch mit einer gewissen Gelassenheit hinnehmen, dass Wahlkampf Wahlkampf ist, in dem je nach Lage gegeneinander ausgeteilt wird. Von der Linkspartei gegen SPD und Grüne zum Beispiel.
Die Grün-Linke-Verstimmung wird sich vermutlich weiterdrehen. Denn Robert Habeck hat sich nun auch noch einmal bei table geäußert: »Vielleicht schreiben die Geschichtsbücher mal: Friedrich Merz, der Retter der Linken.« Auch er hebt noch einmal hervor, dass die Grünen von den Linken unterscheide, dass sie regieren wollten, statt nur das Richtige zu sagen. Das ist eine, wenn auch nur indirekt zitierte, interessante Aussage: Man könnte Habeck so verstehen, dass er zwar meint, die Linke sage – etwa beim Migrationsthema – das Richtige, wenn man zum Regieren auch mit der CDU bereit sein wolle wie die Grünen, gelte dies aber nicht als erster Maßstab.
»Die Grünen dürften in den vergangenen Wochen unter dem Aufschwung der Linken gelitten haben«, schreibt table. »Die Post-Wagenknecht-Linke wird offenbar von den Wählern mit Migrationsfreundlichkeit, Feminismus und Klimaschutz positiv in Verbindung gebracht. Das sind eigentlich Kernthemen der Grünen. Doch mit ihrer Offenheit gegenüber der CDU und Habecks Zehn-Punkte-Plan für eine schärfere Migrationspolitik scheinen die Grünen linksgesinnte Wähler vergrault zu haben.«
Peter Unfried nimmt sich der Frage auch an und sieht ein »Misstrauensvotum gegen die Alten« in dem Stimmungsumschwung zugunsten der Linkspartei. »Entscheidend für dieses Wahlverhalten ist, dass die Jüngeren in einer anderen Welt leben als die Älteren. Letztere sind bei allen Krisen noch auf die ›Normalität‹ der Bundesrepublik konditioniert, dass im Großen und Ganzen alles ordentlich läuft und zwei sehr ähnlich agierende Volksparteien gottgegeben politisch zuständig sind.« Die Jüngeren gingen aber heute – »vermutlich zu Recht – davon aus, dass die jahrzehntelang bewährten Politikmethoden von Sozialdemokratie und Christdemokratie nicht in der Lage sind, die sich potenzierenden Krisen zu bewältigen.«
Unfried beklagt dann gegen den Widerspruch des »Säzzers«, dass »die Linkspartei mit ihrer Außen- und Sicherheitspolitik, ihren Nato- und EU-Positionen sowie dem Putin-Lavieren überhaupt nicht auf Höhe der realen Problemlagen ist«, dies den jüngeren Anhängern aber »im Moment offenbar egal« sei.
Das ist ein Punkt, den man so anführen kann, wie es Unfried tut, also auf Kretschmann-Habeck-Linie. Es steckt darin aber auch etwas drin, das abzustreiten mehr als das »ernsthaft?« des Säzzers verlangen würde. Zum Beispiel eine etwas differenzierte Analyse, wer und was eigentlich genau gemeint ist mit »nicht auf der Höhe der realen Problemlagen«. Für das radikal überholte Parteiprogramm der Linken stimmt das vielleicht eher als für die Positionen, die Jan van Aken vertritt. Mehr noch: Es gilt wohl nicht nur für die Linkspartei, sondern auch für alle anderen demokratischen Wettbewerber. Die Grünen können sich vielleicht noch am ehesten einbilden, auf der besagten Höhe zu sein, würden dies aber in dem (auch empirisch unterstützbaren) Wissen tun müssen, dass weder Forderungskatalog noch Regierungsbilanz dafür als rundherum befreiender Beleg herhalten können. Ob man das vor allem für die planetare Frage so sieht, oder vor allem für das Feld der seit voriger Woche noch einmal viel grundsätzlicher gewordenen Weltunordnung, ist dann eigentlich fast egal.
Einen Meinungsversuch in ganz andere Richtung unternimmt die Musk-freundliche »Weld«, in der es heißt: »SPD und Grüne haben die Linkspartei wieder groß gemacht.« Aha, na klar, von wegen nicht geliefert bei sozialen Themen, Kindergrundsicherung, Umverteilung, zu sehr vor den Vätern der »Mutter aller Probleme« eingeknickt, also vor CDU und den anderen Abschiebeparteien, zu wenig Gleichheit und so fort. Oder?
Nee, das meint der Sebastian Beug dann doch ein bisschen anders, nämlich: »SPD und Grüne ließen die Chance für einen Kompromiss in der Migrationspolitik in der letzten Sitzungswoche Ende Januar ungenutzt. Sie trommelten lieber für Demonstrationen gegen die AfD und auch gegen die Union.« Für so etwas stehe aber die Linke »am glaubwürdigsten«, zumal sie »eine Partei der Bewegungen, Aktivisten und auch des Antifaschismus, der in Form der Antifa vom Verfassungsschutz beobachtet wird« sei. So hätten SPD und Grüne zwar »vor der Wahl den Antifaschisten in sich entdeckt«, dadurch aber »nur das antifaschistische« groß gemacht.
So denkt vielleicht auch Sarah Wagenknecht, deren Politfranchise derzeit ordentlich kriselt. Von »Politico« erfährt man heute, dass »immer mehr BSW-Sympathisanten« dem BSW »kurz vor der Wahl den Rücken« zuwenden. Einer wird mit den Worten zitiert: »Mich freut, dass die Linke so einen Aufschwung hat.« Inzwischen werden sogar Fraktionen wieder zurückumbenannt, wie in Niedersachsen, wo enttäuschte BSW-Politiker wieder zur Linkspartei zurückgekehrt sind. Wagenknecht selbst wiederholt ihre Auffassung, dass die Linke nun »vor allem auch Wähler in den großstädtischen, akademischen Milieus« abziehe, »teilweise Wähler, die wahrscheinlich die Grünen inzwischen für zu konservativ halten«.
III.
Wenn man sich das bisschen an Material anschaut, mit dem sich die Mutmaßungen darüber etwas abstützen ließen, wer nun warum plötzlich die Linke wieder für satisfacitionsfähig hält, stößt man auf viele Beweggründe, darunter den von Wagenknecht benannten. In der »Zeit« ist eine lesenswerte Auswahl von Stellungnahmen von Leserinnen erschienen, die nun erstmals die Linke wählen wollen. Rund 1.000 Antworten haben das Blatt erreicht, darunter viele junge Wählerinnen und Wähler. »Auffällig war, wie viele ehemalige Grünen- und SPD-Wähler sich gemeldet haben, die gerade in Migrations- und Asylfragen ein Gegengewicht zu den potenziellen Regierungsparteien sehen wollen.« Auch die Wirkung von Heidi Reichinnek spielt eine Rolle, mehr noch wohl die klassisch linken »Themen wie bezahlbares Wohnen, faire Löhne oder Vermögensungleichheit«. Probleme hätten »viele mit der Position der Linken zu Waffenlieferungen in die Ukraine«. Aus einer Zuschrift wird zitiert: »Hätte die Linke eine Chance, in die Regierung zu kommen, würde ich sie nicht wählen.« Die 20 ausgewählten Antworten, darunter auch Ältere, ergeben ein recht vielfältiges Bild. Eigentlich wäre es hilfreich, das ganze Konvolut zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Hinweise was die Erwartungen und Beweggründe jüngerer Wählerlinnen angeht, gibt auch eine Extrausgabe der Jugend-Trendstudie aus dem Hause Simon Schnetzer. Warum wählen junge Menschen die Linkspartei? Befragt wurde hierfür zwischen Mitte Januar und Mitte Februar 2025, also mindestens ein Teil der Antworten stehen schon unter dem Eindruck des medial viel beachteten »Hypes« u die Linke.
»Bemerkenswert ist, dass Die Linke damit die SPD in der Rangordnung überholt hat; übrigens auch bei der wichtigen Wählergruppe der Erstwählerinnen und -wähler, bei denen Die Linke mittlerweile an zweiter Stelle liegt. Für Menschen, die ihre geschlechtliche Identität als divers bezeichnen, liegt sie sogar mit Abstand an erster Stelle. Die Linke gewinnt in der jungen Generation vor allem durch ihre klare Positionierung für soziale Gerechtigkeit, die deutliche Abgrenzung nach rechts und ihre Kapitalismuskritik an Zustimmung. Auch personell schneidet die Partei, insbesondere nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht, gut ab. Es entsteht der Eindruck, dass es für viele junge Menschen wieder attraktiver geworden ist, Die Linke zu wählen.«
Die Studie dokumentiert auch ein paar O-Töne derer, die sich für die Linkspartei aussprechen. Es sind Antworten auf die Frage: Warum würdest du die Linke wählen? »Ich bin selbst nicht links, ich sehe mich mehr in der Mitte. Aber die Linke ist aktuell eine der wenigen wählbaren Parteien«, heißt es da unter anderem. »Da ich mich über strategisches Wählen informiert habe und ich vermeiden will, dass es eine komplett rechte Regierung gibt.«
Ganz zum Schluss noch ein paar Zahlen, zu lesen mit der nötigen Skepsis von wegen Methoden, Unsicherheiten etc. Die Taz hat nochmal Gründe aufgeschrieben, warum man Umfragen und vor allem Prognosen zu einzelnen Wahlkreis-Ergebnissen mit kritischem Kopf wahrnehmen sollte.
Aber: Kommen die neuen Anhängerinnen der Linkspartei wirklich vor allem aus den Großstädten? Dagegen spricht nicht nur eine grafische Darstellung der Neueintritte in einem internen Papier der Linkspartei, dagegen sprechen auch Angaben von YouGov, die die neue Linken-Wählerschaft sozial und territorial aufschlüsselt: Auch in ländlichen Gebieten kommt sie demnach inzwischen in den Bereich von 8 Prozent, in städtischen gebieten auf 11 Prozent und in vorstädtischen Gegenden auf 7 Prozent. Der Zustrom ist umso stärker, je jünger die Befragten sind.