Trump überall. Also dann: »Jeder Milliardär ist eine Gefahr für die Demokratie«, meint der Vorsitzende der Linkspartei, Jan van Aken. Das ist nicht nur auf die USA gemünzt, der Amtsbeginn der Milliardäre Trump und Musk ist hier eher Gelegenheit zur Fortsetzung eines kommunikativen Schwerpunkts: »Die Reichsten der Welt haben sich mit ihrem Geld bei Trump eingekauft, und jetzt ändern sie die Regeln so, dass sie noch mehr Geld aus unseren Schulen und Krankenhäusern in ihre eigenen Taschen leiten können. Und wer bezahlt dafür? Die hart arbeitenden Menschen.« Die Forderung der Linken nach Wiedererhebung einer Vermögenssteuer erfährt dabei über das reine Umverteilen hinaus eine demokratiepolitische Ergänzung: Wer weniger Vermögen hat, kann sich weniger politische Macht kaufen.
Auch andere Linkenpolitiker blicken »oligarchiekritisch« auf die USA. Der Abgeordnete Dietmar Bartsch warnt: »Musk, Zuckerberg, Bezos & Co. haben ihren Mann ins Weiße Haus gehievt. Europa und Deutschland müssen sich warm anziehen.« Er greift zudem an anderer Stelle die neueste Oxfam-Kampagne auf, die das Wachstum des Superreichtums beklagt. »In Deutschland wird sehr viel von der Mitte bezahlt. Wenn die Mitte kaputt ist, können wir ›unten‹ nicht helfen und die oben können auch nicht existieren. Die Milliardäre müssen einen angemessenen Beitrag leisten«, so Bartsch - und, na klar: »Den Mumm, sich mit denen da oben anzulegen, hat nur die Linke.«
Ob da schon mitgemeint ist, was van Aken anderswo fordert? In einem der nun unzähligen »Kandidatenchecks« hat der linke Spitzenkandidat gemeinnützige Arbeit für die Aldi-Erben verlangt. Das ist auch als Kontra zur Bürgergeld-Hetze der Union gemeint: »Das ist Theo Albrecht Junior, der sitzt auf 16 Milliarden in Essen, das hat der nicht verdient, das hat er alles geerbt. Ich glaube, der hat in seinem ganzen Leben noch nie gearbeitet, höchstens den ganzen Tag sein Geld gezählt.«
Aber von Theo zurück zu Trump. In seinem Newsletter hatte sich schon vor Amtsantritt Jonas Schaible über die »Broligarchie« Gedanken gemacht. In Demokratien hätten »die Reichen mehr oder weniger stark privilegierten Zugang, um darauf hinzuwirken, dass die Regeln in ihrem Sinne angepasst werden«, so wie andere auch. »In einer Oligarchie wird den Reichen signalisiert, dass für sie keine Regeln gelten, solange sie sich dafür nutzen lassen, die Welt zugunsten des Herrschers zu formen.« Also »Willkürherrschaft«. Und nun? »Massendemonstrationen gibt es ebenfalls nicht bisher, viel Verzweiflung, wenig Zuversicht. Man richtet sich ein in dem Gefühl der Vergeblichkeit.«
In der TAZ kommentiert Bernd Pickert Trumps Agenda als »eine Botschaft, die von Feindschaft lebt: Feindschaft zu allem linken oder ›woken‹ im Innern, Feindschaft zu schmarotzenden Alliierten, Feindschaft zu kriminellen Migrant*innen, Feindschaft gegenüber Faktencheckern und unabhängigen Medien, Feindschaft gegenüber Bürgerrechten und internationalen Verpflichtungen, Verachtung gegenüber Minderheiten. Die Botschaft ist wütend, egozentrisch, kurzsichtig und aggressiv. Aber sie umgibt sich mit den Insignien staatlichen und dem Kapital privater Macht der Tech-Milliardäre. Trump versucht gar nicht erst, eine Message für alle zu entwickeln, er umarmt niemanden. Er will vernichten, wer gegen, und belohnen, wer für ihn ist. Und er weiß, dass nichts so sehr zusammenschweißt wie gemeinsame Feinde. Das ist der Kern seiner Bewegung.«
Lukas Wallraff guckt ebenda auf die politischen Reaktionen hierzulande. »Das Verbiegen und Verrenken wird in den kommenden vier Jahren höllisch wehtun. Schon jetzt kann man kaum noch dabei zusehen, wie sich die amtierenden und potenziellen Regierungsmitglieder im deutschen Wahlkampf winden, wenn sie nach Trump und seinen radikalen Plänen gefragt werden… Alle anderen müssen angesichts der massiven deutschen Abhängigkeit von den USA in militärischen und wirtschaftlichen Dingen unwürdig herumeiern.«
Im »nd« fragt sich Friedrich Burschel, ob man gerade den ersten »Tag der neuen faschistischen Ära« erlebt habe. Und? Ihm stocke der Atem, wenn er sehe, »in welch reglosen Starre sich alles befindet, was eben noch von ›democracy‹ und ›wehrhafter Demokratie‹ schwafelte… ein Hoch auf die paar Aufrechten – aber wo sind die Massenbewegungen? Wo ist auch der Protest in Europa? Wo sind wir? Wo bin ich?… Was müssen wir tun, um in der einbrechenden Nacht noch rechtzeitig Lichter anzuzünden? Es scheint, als sei es für so vieles einfach schon zu spät. Aber müssen wir dann nicht erst recht alles in Bewegung setzen, um uns zu wappnen für die kommenden Angriffe?« Man müsse »jetzt Selbstschutz organisieren, politisch um sich schlagen, bis es schmerzt. Worauf zum Henker warten wir?«
In der »Süddeutschen« versucht die Schriftstellerin A. L. Kennedy ein bisschen Mut zu machen. Aber erstmal: »Die Welt taumelt ins Zeitalter der Techno-Oligarchen. Empörung und Grausamkeit zu Showzwecken, in der Politik wie in den Medien, haben den Weg für eine reine Showpolitik geebnet, die nur noch zu unserer Unterhaltung da ist, während ein bunt gemischtes Häuflein dysfunktionaler Fantastilliardäre versucht, die Welt nach seinen eigenen Vorstellungen umzuformen… Die Tatsache, dass das auch zu ihrer eigenen Zerstörung führen wird, ist kein Trost für alle, die sie dabei mit in den Ruin reißen.« Wie andere auch habe sie »die Amtseinführung des Klamauk-Präsidenten nicht verfolgt. Stattdessen habe ich den Martin-Luther-King-Tag gefeiert.« In dessen Vermächtnis findet Kennedy so etwas wie praktischen Trost: das »der intersektionellen Zusammenarbeit, des mutigen gewaltlosen Widerstands und des beharrlichen, freudvollen Engagements für den Wandel«. Noch bestehe »die Chance, uns und unseren Planeten vor dem totalen Korporatismus zu retten, der auf ungezügelten Kapitalismus folgt«.
Johan Schloemann schlägt vor, auf eine der Stärken der rechtsradikalen Milliardärsfront – die Macht über Meinungsproduktion – nicht nur mit den Mitteln staatlicher Regulierung vorzugehen, sondern: »mit Anstand«. Man müsse rauskommen »aus dieser entrüsteten und defensiven Haltung«, »andernfalls sind die kommenden Jahre nicht auszuhalten, weder mental noch politisch.« Gegen die Tech-Oligarchen komme man nicht mit Faktenchecker-Truppen bei. Dem »Unsinn«, der den Treibstoff der Zustimmung zu Trump und Co. bildet, könne »man sich nur entgegensetzen in ebenjenem anstrengenden, wirklich schützenswerten Raum der Meinungsfreiheit in offenen Gesellschaften, den man, so gut es denn geht, mit Zivilität, Kritik und Beherrschtheit füttern muss. Das heißt: argumentieren, sich kundig machen. Nicht predigen, nicht mit jedem Sprechakt gleich ›unsere Demokratie verteidigen‹. Bei den Tatsachen bleiben, an die Kraft der Aufklärung im Kleinen glauben. Die politischen und ökonomischen Motive hinter den Parolen freilegen. Wachsam gegenüber Extremisten bleiben, aber nicht überall nur teuflische Verführung sehen, sondern um Pläne und Konzepte streiten. Nicht alle Probleme zur selben großen Krise erklären. Und den Mist zwischendurch ausschalten, um sich ihm gestärkt wieder stellen zu können.«
Einen »Stresstest« für den Multilateralismus sieht Kurt Stenger, ebenfalls im »nd«, was die »gemeinsame Lösungen globaler Krisen« angeht, sei Optimismus nicht eben am Platze. »In der Klimapolitik könnte der Ausstieg der USA aber auch zur Befreiung werden, da Washington meist zu den Blockierern und Bremsern gehörte. Die vielfach beschworene ›Koalition der Ambitionierten‹ kann nun zeigen, was sie draufhat. Gleichwohl war diese bisher eine Wunschvorstellung. Und die USA stehen nicht isoliert da – Ölstaaten haben gemeinsame Interessen. Wenn es um Geld für den Globalen Süden beim Ausbau der Energiewende und des pandemiegeschwächten Gesundheitswesens geht, ist Knauserigkeit zudem auch anderswo im Trend.«
In der »jungen Welt« analysiert Jörg Kronauer die ersten Dekrete des Präsidenten. Diese markierten einerseits »den Beginn eines tiefgreifenden inneren Umbaus der Vereinigten Staaten«. Das lasse »sich auch nicht durch die Erkenntnis relativieren, dass die Brutalisierung der Flüchtlingsabwehr und die Abschaffung des Geburtsrechts die US-Migrationspolitik lediglich auf ein Niveau absenken, das Deutschland und die EU längst unterbieten.« Auf der anderen Seite zeigten sie »den Versuch, den längst in Gang befindlichen Abstieg der Vereinigten Staaten in letzter Minute zu stoppen«. Die USA setzten »im Ausland gegenüber Freund und Feind ab sofort noch hemmungsloser denn je auf die Durchsetzung ihrer exklusiv nationalen Interessen. Die Zeiten, in denen Washington seine globale Hegemonie selbstbewusst und souverän mit Hilfe von Bündnissen wahrte, sind vorbei… Sicherten die USA einst ihre Hegemonie, indem sie Verbündeten – allen voran die Bundesrepublik – attraktive Gewinne aus dem transatlantischen Geschäft gewährten, so wollen sie nun ihre Dominanz retten, indem sie von ihren Kooperationspartnern Tribut einfordern – in Form von Zöllen, von umfangreicheren Flüssigerdgas- und Rüstungskäufen oder dergleichen mehr«.
Die FAZ hat Mark Lilla gefragt, der schon länger zu den Wortführern der These gehört, es sei die Identitätspolitik der amerikanischen Linken gewesen, die für Trumps Erfolge verantwortlich sei. »Es war bei dieser Wahl vielleicht sogar noch klarer als bei der letzten, dass die Identitätspolitik Trump wirklich geholfen hat«. Es gebe »eine riesige Kluft zwischen den oberen und unteren Klassen«, das Problem sei, dass die Demokraten nur versuchten, eine Partei der Arbeiter zu sein. Seinen Freund, den Journalisten Fareed Zakaria zitierend, meint Lilla: »Sie sollte stattdessen die Partei der Eliten werden und anstreben, die Rollen vollständig mit den Republikanern zu tauschen, also die Republikanische Partei zu einer populistischen Partei der Arbeiterklasse und die Demokratische Partei zu einer Partei für alle anderen werden zu lassen. Es deprimiert mich, darüber nachzudenken, dass er vielleicht recht hat.«
Apropos Außenpolitik. »Es gibt zwei Risiken im Moment: Das eine Risiko ist, dass er Erfolg hat. Und das andere: dass er scheitert«, sagt Lilla - letzteres zum Beispiel auf dem Feld der Ökonomie und der Außenpolitik. »Präsidenten haben sehr wenig Kontrolle über den Zustand der Wirtschaft, weil sie durch die Weltwirtschaft bestimmt wird. Sie haben sehr wenig Kontrolle über Kriege im Ausland und die Umwelt. Also, wie wird Trump auf diese Dinge reagieren? Das Einzige, was wirklich in seiner Macht steht, ist die Außenpolitik. Und gerade die scheint ihn am wenigsten zu interessieren. Das wird wahrscheinlich zu einigen großen Fehlern führen, wenn er seinen Instinkten folgt und nicht auf die hört, die um ihn herum sind.« Im »nd« blickt Julia Gledhill vom Stimson Center in Washington recht ausführlich auf die US-Außenpolitik unter Trump. Vieles deute »darauf hin, dass er sich erneut dem Militarismus verschreiben wird, und das zum Nachteil der Vereinigten Staaten und der Welt. Trotz einiger personeller Überschneidungen mit den Kreisen, die für militärische Mäßigung plädieren, bleibt die Trump-Regierung wie zuvor in Schlüsselfragen der nationalen Sicherheit, die das Potenzial haben, globale Konflikte hervorzurufen oder anzuheizen, bei einem harten Kurs.«
Die TAZ meldet, dass der Liedermacher Konstantin Wecker zur Wahl der Linkspartei aufruft. Er sei zwar »bekennender Anarchist«, diesmal aber seien »beide Stimmen für Die Linke und ihre Kandidat*innen wichtig und nötig«, zitiert das Blatt aus einem Schreiben Weckers. Wer sich »weiter solidarisch und empathisch engagieren« wolle für eine bessere Welt, solle »jetzt nicht aus Resignation, Bequemlichkeit oder Mutlosigkeit abwarten oder den Kopf in den Sand stecken«.
Das »nd« hat zwei junge Handwerkerinnen aus Mittelsachsen besucht, die in die Linkspartei eingetreten sind. »Wird man Mitglied aus Mitleid?«, fragt die Zeitung - nein, das ist es bei diesen beiden jedenfalls nicht.
Die Gruppe der Linken im Bundestag hat Zahlen zu den Mindestlohnverstößen ermittelt - ermittelt wurde vergangenes Jahr in über 6.100 Fällen. »Bei jeder vierten Kontrolle wurde ein Verfahren« eingeleitet, wurde der Abgeordnete Victor Perli unter anderem in der »Zeit« zitiert.
Unter anderem das »nd« vermeldet den Start einer Kampagne für einen Mietendeckel, die von rund 50 Organisationen gestartet wurde. Das Bündnis kritisiert, die meisten Parteien würden die Mietenkrise im Wahlkampf kaum thematisieren. Die Linke schon, die neben dem Mieterbund, Attac und anderen auch zum Bündnis gehört.
Die TAZ berichtet über eine Diskussion im Haus der Wannsee-Konferenz über die Aufarbeitung der Shoah. Der ehemalige Berliner Kultursenator Klaus Lederer, der aus der Linkspartei ausgetreten ist, habe dort keinen Hehl aus seiner Befürchtung gemacht, viele Linke seien auf dem Weg weg von der Aufklärung hin zur Reaktion.
Im »nd« plädiert Yossi Bartal vor dem Holocaust-Gedenktag für »mehr Erinnerungskritik«. Die letzten Jahre in der Bundesrepublik hätten »vor Augen geführt, wie die zelebrierte Erinnerungskultur, abgesehen von philosemitischen Auswüchsen und peinlichen Plattitüden, auch zu unheimlichen Konsequenzen und unbewussten Wiederholungen führen kann«. Bartal nennt hier etwa die »Rechtfertigung von Kriegsverbrechen in Palästina«. 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz würde »das Gedenken daran von Politiker der Grünen bis Putin und Netanjahu als Freikarte für weitere Verbrechen instrumentalisiert«.
In der TAZ nimmt sich Ambros Waibel »Das Monster im Raum« vor, es geht um Krieg, auch um Erinnerungspolitik und das »Hufeisen von linken wie rechten Realitätsverweigerern, moralischen Defätisten und unmittelbar vom Putinregime Korrumpierten«, zu denen Waibel auch Linkenpolitiker zählt. Es ist auch eine autobiografische Auseinandersetzung mit dem Thema. Er »habe heute fast täglich mit Menschen zu tun, die der russischen Aggression mit der gleichen Beschränktheit, der gleichen Hemmung begegnen wie ich einst der serbischen. Und ich versuche die gleiche Geduld zu bewahren, von der ich einst profitieren konnte.« Um Orientierung zu finden, könne die polnische Erfahrung eine Lehre sein. Die Ukraine gehöre »whatever it takes« unterstützt, »solange das ukrainische Volk ihn leisten kann und will beziehungsweise in freier Selbstbestimmung darüber entscheiden kann«. Und überhaupt: »Hör auf, linke Pseudolehren aus den Morden der Vergangenheit ziehen zu wollen, die in der Gegenwart neues Morden erst ermöglichen. Fang an hinzuschauen und wahrzunehmen, was vor deinen Augen geschieht.«
Noch einmal das »nd«, in dem Thomas Waimer einige Aspekte der Geschichte des Arbeiterzionismus in Erinnerung ruft. Die »Eroberung der Arbeit« in Palästina sei »vor allem ein Kampf gegen die arabische Arbeit« gewesen. »Kritik an dieser Unterordnung des Sozialismus unter den Zionismus kam von zwei Seiten: von der Linken und von einer Gewerkschaftsbasis, die in ihren Arbeitskämpfen oft mit dem Zionismus kollidierte.«
Nach dem Vorbild der »Zeit«, die ein »neues Parteiensystem« anhand weniger Einstellungspositionen konstruiert hat, was wir hier und hier notiert hatten, hat nun auch »Der Bund« ein solches neues Parteiensystem für die Schweiz skizzieren lassen. Auch dafür werden Zahlen aus Erhebungen genutzt, heraus kommt ein Feld mit den Konkurrenten: »Zentrumspartei«, »Liberalprogressive Partei«, »Grünsoziale Partei« und »Nationallibertäre Partei«. Die theoretische Wählerwanderung »von den aktuellen zu den idealen neuen Parteien zeigt die Schwächen des gegenwärtigen Parteiensystems: Die Anhängerschaft der bestehenden Parteien zerfällt in mehrere Blöcke, weil sich viele Wahlberechtigte heute nirgendwo so richtig zu Hause fühlen. Umgekehrt wird es für die Parteileitungen immer schwieriger, ein gradliniges, klares inhaltliches Profil zu entwickeln.«