Der Vorsitzende der Linkspartei, van Aken, hat sich in der »Rheinischen Post« zum diplomatischen Engagement der Bundesregierung in Syrien geäußert. »Diplomatische Besuche in Syrien sind wichtig - aber sie müssen über leere Symbolpolitik hinausgehen. Die kurdischen Gebiete dürfen nicht länger im Stich gelassen werden - besonders nicht, wenn sie von der Türkei angegriffen werden.« Zugleich erhob der ehemalige Biowaffen-Inspekteur der Vereinten Nationen schwere Vorwürfe: »Die deutsche Regierung hat eine schwere Schuld auf sich geladen, weil sie jahrelang Assads Chemiewaffenprogramm unterstützt hat.«
Ansonsten viel Wahlkampf allerorten, den allgemeinen Zuständen entsprechend muss deshalb auch über »Sicherheitsvorkehrungen« für den Wahlkampf berichtet werden. Laut dem epd, der aus der TAZ zitiert, will der Bundesgeschäftsführer Ehling linke Aktive stärker sensibilisieren. Es gebe eine Kontaktadresse, an die Vorfälle gemeldet werden sollen. »Bei Bedrohungen oder Beschädigung von Materialien raten wir den Mitgliedern, die Polizei zu rufen und Anzeige zu erstatten.«
Die Vorstellung der Entwürfe von Wahlprogrammen zieht eine unübersehbare Menge an journalistischen Präsentationen nach sich, die Zeitungen widmen sich dabei vor allem den größeren Parteien CDU, SPD und Grünen. »Was wollen die Parteien?«, fragt etwa ein fünfköpfiges dpa-Team, das die Ergebnisse seiner Lektüre vorstellt: »Deutlich werden Unterschiede – und Schnittmengen.« Für die Parteien bietet die mediale Wiederspieglung eine Gelegenheit, sich damit vertraut zu machen, wie die Entwürfe gelesen, eingeordnet werden.
Aus dem dpa-feature: »Die Linke mit dem Spitzenduo Jan van Aken und Heidi Reichinnek sieht niedrigere Mieten und Lebenshaltungskosten als Topthemen… Die SPD stellt eine niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel in Aussicht, die Linke will diese Steuer für Grundnahrungsmittel sogar auf null senken. Zur Gegenfinanzierung wollen SPD und Grüne Menschen mit hohen Vermögen stärker zur Kasse bitten. Das wollen auch Linke und BSW. An der Schuldenbremse scheiden sich die Geister … Die Linke will die Bremse kippen… Mindestlohn 15 Euro: Das wollen SPD, Grüne, BSW und Linke.« Während FDP und Union bei der Grundsicherung den Druck erheblich und bis zum völligen Transferentzug erhöhen wolle, gehe die Linke »in die Gegenrichtung: Sie will das Bürgergeld zu einer ›sanktionsfreien Mindestsicherung‹ machen in Höhe von 1.400 Euro monatlich für Alleinstehende inklusive Miete und Wohnkosten… Rente ist für SPD, Grüne, BSW und Linke ein zentrales Thema. SPD und Grüne wollen das Rentenniveau bei 48 Prozent erhalten… Linke und BSW verlangen bessere Leistungen der gesetzlichen Rente, auch um den Preis höherer Beiträge. Sie wollen alle einzahlen lassen, also auch Beamte, Abgeordnete oder Minister… Die Linke will das Rentenalter von 67 auf 65 Jahre senken - SPD, Grüne und Union wollen das nicht antasten… Die Linke will laut Programm 20 Milliarden Euro im Jahr in gemeinnützigen Wohnraum investieren… Die Linke will keine Beschränkungen beim Asyl.« In den Themenbereichen »Ukraine/Russland« sowie »Bundeswehr und Verteidigung« tauchte die Linke auf, wo es um die BSW-Position zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen geht: »Das sieht die Linke genauso. Diese fordert zudem, die Nato durch ›eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur für Europa‹ zu ersetzen. Auch die AfD will langfristig eine Alternative zur Nato entwickeln.«
Auch der »Spiegel« hat eine Lektüregruppe zusammengestellt, hier sind es gleich acht Wahlprogrammleserinnen. Die stellen den Entwurf der Linken wie folgt vor: »Was steht drin? Schwerpunkt ist die Entlastung ärmerer Menschen durch den Kampf gegen steigende Preise – auch bei Mieten. Die Forderungen dazu sind teilweise plakativ (›Milliardäre abschaffen‹), manches aber auch neu: Eine dem Wirtschaftsministerium zugeordnete ›Preisbehörde‹ sowie die Abschaffung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, Hygieneprodukte, Bus und Bahn. Wo das Geld herkommen soll? Aus Umverteilung. Die Wiedereinführung der Vermögensteuer könne jährlich 108 Milliarden Euro bringen, heißt es. Für den klimagerechten Umbau der Industrie verlangt die Partei 200 Milliarden. In Bezug auf Russlands Krieg gegen die Ukraine müsse es eine Initiative mit China, Brasilien und anderen ›Staaten des Globalen Südens‹ geben, um Druck auf Putin aufzubauen.« Viele Positionen seien »scharf, in der Sache aber anschlussfähig, wie die Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns. Anders beim Thema Migration: Die Linke ist gegen Abschiebungen, lehnt bisherige Asylrechtsverschärfungen ab. Die Partei glaubt, dass dieses Alleinstellungsmerkmal bei ihrer Klientel zieht. Politische Partner würden sich auch aus der Opposition heraus aber kaum finden lassen.« Als »Überraschung« hat man im Linken-Entwurf »höchstens die Emotionalität und Plakativität« entdeckt: »›Wir gemeinsam gegen die da oben‹, so der Leitspruch.«
Unter anderem hier wird gemeldet: »Die Linke will Heizkosten der Bürger überprüfen«. Während der Haustürgespräche? Nein, es geht offenbar nicht um Kontrollbesuche, sondern um eine heute startende »sogenannte Heizkostenaktion. Die Idee dahinter: Eine 15-köpfige ›Experten‹-Gruppe aus den Reihen der Linken soll die Heizkostenabrechnungen von Bürgern überprüfen. Diese können über die Kampagnen-Webseite eingereicht werden. Sollte das Gremium zu dem Schluss kommen, dass der Vermieter unrechtmäßig hohe Heizkosten abrechnet haben, sollen die Mieter per Standardbrief unterstützt werden, Geld zurückzufordern. Bis zu 2.000 Abrechnungen kann die Partei eigenen Angaben zufolge pro Woche überprüfen.« Spitzenkandidat van Aken wird mit den Worten zitiert, »ganz konkret helfen wir jetzt den Menschen, damit sie ihr Geld zurückbekommen«. Laut Heizkostenverordnung haben Mieter das Recht, ihre Heizkostenabrechnung unter Umständen um 15 Prozent zu kürzen, wenn die Vermietung nicht anhand des tatsächlichen Verbrauchs abrechnet.
Der »Stern« hat eine Forsa-Umfrage beauftragt, die von Vertretern der Linkspartei als Bestätigung ihrer Forderung aufgefasst wird, die Mehrwertsteuer für Lebensmittel zu senken? »61 Prozent würde das schmecken«. Der Bericht dazu nennt die Forderung der Linken indes mit keinem Wort, es geht um den SPD-Vorschlag, die Abgabe für bestimmte Produkte von fünf auf sieben Prozent zu reduzieren. 61 Prozent der Befragten sind dafür, jene Haushalte mit Einkommen unter 2.500 Euro netto zu 75 Prozent. In den Anhängerschaften der Parteien sticht jene der FDP heraus (55 Prozent Ablehnung), das Elektorat der Union ist in der Mitte gespalten (49 zu 49), am höchsten ist die Zustimmung unter BSW-Wählern (78 Prozent). Zahlen für die Linke gibt es nicht.
Der MdB Gysi soll nun auch noch Spitzenkandidat der Berliner Linken werden, berichtet das »nd«. Es gebe einen entsprechenden Vorschlag des Landesvorstands der Hauptstadt-Linken. »Für Listenplatz zwei empfiehlt der Landesvorstand die Parteivorsitzende Ines Schwerdtner. Platz drei, sechs und acht sollen demnach Katalin Gennburg, Ferat Koçak und Niklas Schenker einnehmen… Für Platz vier ist Pascal Meiser vorgesehen… Die Krankenpflegerin Stella Meredino, die direkt im Wahlkreis Mitte kandidiert, soll am Freitag Listenplatz fünf erhalten.« In Brandenburg werde mit MdB Görke als Spitzenkandidat gerechnet.
Die Hamburger Linke kommt in einer aktuellen Umfrage auf sieben Prozent - das ist nach Thüringen der zweitbeste Sonntagsfragenwert auf Landesebene für die Partei. Das Franchise BSW würde laut der Zahlen den Einzug verpassen. Aber welches BSW eigentlich? Wie unter anderem die TAZ berichtet, »könnte es vom Wochenende an gleich zwei Landesverbände geben«. BSW-Anhänger hatten einen Landesverband gegründet, der aber von der Zentrale nicht anerkannt wird. Die von der dpa als »Rebellen« bezeichneten Gründer würden mit ihrer Aktion auch gegen die autoritären Verhältnisse innerhalb des Wagenknecht-Unternehmens protestieren. Schlagzeilen macht abermals auch der zum BSW gehörende MV-Staatssekretär Straetmanns, den die das Ressort leitende Linkspartei dort offenbar nicht abzuschütteln in der Lage ist. Er hat sich gegen einen Rüstungsauftrag für Wismar ausgesprochen, der von der rot-roten Landesregierung befürwortet wird.
Die »Zeit« hat eine politische Spielerei vorgestellt: »Was wäre, wenn man das Parteiensystem heute neu erfinden müsste? Wir haben uns angesehen, wie Deutschland tickt.« Zugrunde gelegt wurden dafür die politischen Positionen von 7.400 repräsentativ Befragten, dann hat »ein Algorithmus fünf völlig neue Parteien gebaut« - dies entlang der jeweiligen Positionierungen der Befragten zu Klimaschutz, Wachstum, Steuerpolitik, Sozialstaat, Zuwanderung, Atomenergie, Industriepolitik, Mietenregulierung, Gendersprache. »Dabei sortiert der Rechner die Befragten in Gruppen, die sich in ihren Einstellungen untereinander möglichst ähnlich sind.« Als »Partei« wird hier also etwas konstruiert, das kompatibel zu Wünschen und Ansichten im Elektorat ist. Was kommt heraus? Eine Ökosoziale Partei, eine Sozialliberale Partei, die Moderaten (das sind die bei den jeweiligen Abfragen Unentschlossenen), eine Nationalliberale Partei sowie die Nationalkonservativen. Außerdem wird »eine Art Wählerwanderung« in das konstruierte neue Parteiensystem vorgestellt. Die Spannweite der »neuen Parteien« reicht von den Nationalkonservativen mit 16 Prozent bis zu den Ökosozialen mit 28 Prozent, sie speisen sich jeweils aus den Anhängerschaften der bestehenden Parteien. Für jene der Linken hieße das: 60 Prozent würden die Ökosozialen wählen, jeweils 16 Prozent die Moderaten und die Sozialliberalen sowie 6 Prozent die Nationalliberalen.
Apropos Konfliktlinien: In »Le Monde« plädiert Thomas Piketty »For a new left-right cleavage«. Hier geht es aber nicht um das deutsche, sondern um das französische Parteiensystem. »Frankreich wird aus seiner derzeitigen politischen Krise nicht herauskommen, indem es eine neue zentrale Koalition bildet«, schreibt er mit Blick auf die jüngsten Versuche von Macron, eine handlungsfähige Regierung zu erzwingen. Es gehe darum, der »Tugend der Links-Rechts-Bipolarisierung« wieder zu Wirksamkeit zu verhelfen - »zwei Koalitionen, die von antagonistischen, aber kohärenten Zukunftsvisionen getrieben werden und auf unterschiedlichen sozioökonomischen Interessen basieren, wechseln sich an der Macht ab«. Um zu diesem Ideal (für entsprechend konstruierte politische Systeme) zurückkehren zu können, müssten die Parteien auf der linken Seite »lernen, ihre Differenzen demokratisch zu erörtern und beizulegen, zunächst indem Abgeordnete der linken Koalition Nouveau Front Populaire untereinander abstimmen, dann indem sie linke Wähler direkt einbeziehen. Die Priorität muss darin bestehen, auf die Bestrebungen der Arbeiterklasse in allen Gebieten einzugehen und Menschen weit über die Wählerbasis jeder Partei hinaus zu mobilisieren. Insbesondere die LFI muss Demut zeigen und eine einfache Tatsache akzeptieren: Ihr derzeitiger Wählerstamm ist real, aber sie ist eine Minderheit im Land und kann sich einen Sieg in der zweiten Runde kaum vorstellen. Auf der rechten Seite ist es an der Zeit, dass die LR und die rechteren Fraktionen des Macron-Lagers die Idee akzeptieren, dass sie eine Mehrheitskoalition mit der RN bilden müssen… Es ist an der Zeit, die Union der Rechten offen zu begrüßen, sonst wird sie früher oder später an der Wahlurne aufgezwungen… Sicher ist, dass es nicht gesund ist, LFI und RN außerhalb des Systems zu lassen: Sie müssen beide ihren Platz in ihren jeweiligen Koalitionen einnehmen und sich der schwierigen Prüfung der Macht stellen. Das ist der Preis, den die Demokratie zahlen muss, um aus ihrer gegenwärtigen Krise herauszukommen.«
In der FAZ greift Patrick Bahners einen Streit im Empörungsnetzwerk X auf, in dem ein Rundfunk-Mitarbeiter angelegentlich der Ermordung des Chefs eines Krankenversicherungskonzerns in den USA geschrieben hatte: »Selbstjustiz ist falsch und zersetzt die Gesellschaft. Um das zu verhindern, könnte man noch einmal über den Vorschlag des amerikanischen Politikwissenschaftlers John McCormick nachdenken: Wiedereinführung der Todesstrafe, aber nur für Superreiche.« Daraufhin wurde ein Sturm der Entrüstung mobilisiert, der mit der Sache weniger, aber viel mit deutschen Kulturkampfspezialitäten (wie woke ist der ÖRR?) zu tun hatte. Bahners versucht mit Lektüre dagegenzuhalten: er stellt McCormicks »drastisches linkspopulistisches Rezept« vor. »Sein Ausgangspunkt ist die eherne Überzeugung, dass die Oligarchisierung des politischen Systems, die jetzt einen Höhepunkt erreicht« (Trump), vor diesem Hintergrund seien seine Machiavelli-Rezeption und seine Vorschläge zu lesen. »Der Clou von McCormicks Deutung ist die Einheit von Institutions- und Klassentheorie in der Verfassungslehre Machiavellis: Sie gibt dem Volk Instrumente in die Hand, um Vorkehrungen gegen die in freien Verhältnissen unvermeidliche Übermacht der Großen zu treffen.« McCormicks Gedankenspiel mit der Todesstrafe sei »verniedlicht. McCormick wirbt für eine Schocktherapie mit einer Rhetorik der Drastik.«
Der TAZ-Satellit »Futurzwei« hat mit Jagoda Marinić gesprochen - über Wut. Diese sei eine zersetzende Kraft, die jene frisst, die wütend sind, könnte man den Leitgedanken zusammenfassen. »Seit Pink Floyds Songzeile ›We don't need no education‹ spätestens spürte ich wie viele, dass Institutionen auch unterdrücken und einschränken können. Im Rebellischen gefällt man sich ja auch… Meine Wut ist dabei letztlich ihr Feigenblatt. Man hatte auf diese Weise ein paar prominente Wütende, über die dann gern berichtet wird, und je wütender, desto besser und authentischer – und natürlich, desto toleranter diejenigen, die dieser Wut Raum gaben. Rückblickend muss man sagen, dass diese folkloristische Instrumentalisierung über die Folgen gesellschaftlicher Missstände wenig verändert hat. Alles bleibt wie davor. Das liegt aber auch an den Wütenden… Die Wütenden nutzten die Bühnen und spielten das mit, sie fordern jedoch selten eine Übersetzung in den bürokratischen Apparat, der eben mit Wut nicht zu managen ist. Da braucht man analytische Kraft und Beharrung… Die Frage ist: Wie verbinde ich die Emotionen, die viele Rechte derzeit in Wut lenken, mit der Lust, etwas zu lösen? Sehen Sie sich mal Bilder von rechten Demos an: Die Leute fühlen sich nur noch über diesen kollektiven Wutkörper. Dazu muss es eine Gegenwelt geben… Ich denke, dass noch immer Zeit ist, gegenzusteuern, zu lernen, wieder die Agenda zu setzen, statt die Angstmacher nachzuahmen und ein Gestern zu versprechen, das für die Probleme von heute und morgen keine Lösungen bereithält.«
Außerdem in »Futurzwei«: ein Text von Harald Welter, in dem dieser ein Loblied auf den »Gemeinsinn« hält. »Die Phänotypen des Antisozialen entspringen dem Geschäftsmodell des digitalen Kapitalismus. Der hat es geschafft, das Menschenbild des Neoliberalismus radikal zu verallgemeinern, sodass der an Gemeinwohl und Gemeinsinn völlig desinteressierte Maximierer des individuellen Nutzens zu einem Sozialtypus geworden ist, der ideal den Interessen der Anbieter entgegenkommt… Anders gesagt: Man muss einsam sein, um in der Hyperkonsumkultur perfekt zu funktionieren und am Ende einen Kühlschrank haben zu wollen, der seinen Inhalt überwacht und selbst bestellt, was seinem Urteil nach fehlt. Und jetzt kommt es aber: Dieses radikal einsame Individuum, das seine Urteilsfähigkeit an eine Smartwatch oder an einen Kühlschrank abgegeben hat, ist nicht nur für den Handel spitze, sondern auch für den Faschismus. Denn der braucht bekanntlich das verlassene menschliche Atom der Massengesellschaft, das sich so existenziell gern an etwas binden möchte. Vor dem Vergemeinschaftungsangebot des rechtsextremen oder faschistischen Populismus steht zunächst einmal die Herstellung von Einsamkeit, und deshalb funktioniert der Aufstieg des Populismus so reibungslos.«
Die FAZ druckt Orlando Pattersons Dankesrede für den Hegel-Preis, den der Harvard-Soziologe unlängst erhalten hat. Es geht um Knechtschaft, Hegel und wachsende Ungleichheit, die »den Dreiklang der Freiheit zersplittern« lasse. »Wir erleben einen Rückschritt gegenüber diesem historischen Versprechen – einen drohenden Zusammenbruch der Demokratie, den Aufschwung des populistischen Nationalismus und den Verfall der Werte, die einst die freie Welt untermauerten. Am beunruhigendsten ist, dass sich diese Entwicklungen in den Kernländern der Freiheit abspielen – Frankreich, Großbritannien und Amerika –, wo die politische Führung die Rhetorik der Freiheit missbraucht, während sie ihre heiligsten Prinzipien untergräbt.« Um jene Freiheit geht es dann - und um deren Grundlegung bei Hegel, ihre Herkunft »aus dem Widerstand gegen ihr dunkelstes Gegenstück«, der Sklaverei, die Veränderung des Begriffs im Laufe der Zeit und während er Aufklärung - und Hegel, der in jener Zeit »versuchte, die widersprüchlichen Dimensionen der Freiheit in Einklang zu bringen«. Und heute? »Wir stehen an einem Scheideweg. Die Geschichte der Freiheit ist, woran Hegel uns erinnert, eine Geschichte des Kampfes, der Widersprüche, die einer Lösung bedürfen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, nicht zu verzweifeln, sondern zu handeln: den harmonischen Dreiklang der Freiheit zurückzugewinnen, das Gleichgewicht zwischen Befreiung, Ermächtigung und der Solidarität des Demos wiederherzustellen und unser Bekenntnis zu diesem heiligsten aller westlichen Werte zu erneuern.«